Typisch temperiertes Novemberwetter? Aber wohl nur vorübergehend!
Der November 2020 zu warm, zu trocken und sehr sonnig! Nach sehr mildem Mittwoch folgt der Absturz. Vorübergehend zeigt sich der November bei einem unbeständigen, teils windigem Wettercharakter und normal temperierten Temperaturen launischer. Doch es fehlt an Nachhaltigkeit, zumindest noch!
Der November fällt in diesem Jahr bisher zu warm, zu trocken und sehr sonnig aus. Die Temperaturabweichungen zur Referenzperiode ’61-’90 in Deutschland betragen in der ersten Monatshälfte zwischen 3 und 6 Grad, was im Mittel über 4 Grad zu warm ist. Auch beim Niederschlag hinkt der November in diesem Jahr deutlich dem vieljährigen Mittel hinterher, dafür ist er aber mit viel Sonnenschein gesegnet. Egal wie man es sieht, dieser November 2020 jagt wieder Rekorde, sollte sich das Wetter in der zweiten Monatshälfte nicht signifikant ändern. Doch wie sieht das Wetter derzeit in Mitteleuropa und somit hierzulande aus?
Das Wetter in Deutschland wird in der zweiten Wochenhälfte vom ehemaligen Wirbelsturm ETA beeinflusst, welches sich am heutigen Mittwoch bei Schottland befindet und bis Donnerstagabend nach Finnland wandert. Zunächst führt demnach eine recht kräftige südwestliche Strömung auf der Vorderseite des Tiefs sehr milde Subtropikluft aus Südwesteuropa ins Land. Da weite Teile Deutschlands zudem auch noch vom Hoch über Süd- und Osteuropa profitieren, kann die Sonne die Luft vielerorts noch weiter erwärmen und Höchstwerte von 11 bis 18 Grad produzieren. Allenfalls im Dauernebel in einigen Flusstälern Süddeutschland schafft es die Temperatur kaum über die 10 Grad Marke.
Ein Blick zu den Britischen Inseln zeigt dann, was wettertechnisch auf Deutschland zeitnah zukommt. Auf der Südflanke von Tief ETA schiebt diese eine Kaltfront ostwärts, die kommende Nacht auf Deutschland übergreift und nachfolgend das Land langsam südostwärts überquert. Rückseitig hat der Tiefausläufer einen ersten Schwall erwärmter Polarluft im Gepäck, sodass die Temperaturen am Donnerstag in der Spitze schon 5 Grad niedriger ausfallen. Doch das war noch nicht alles.
Denn wenn ETA über Finnland angekommen ist und sich gleichzeitig das Azorenhoch über dem Ostatlantik einnistet und seinen Einflussbereich nach Osten bis nach Frankreich erweitert, dreht die Strömung über Deutschland auf Nordwest bis Nord, sodass die Polarluft auf direktem Wege über die Nordsee ins Land gelangt. Entsprechend werden die Temperaturen am Freitag eigentlich erstmals typische Werte für November annehmen und landesweit unter der 10-Grad-Marke verharren. Abgesehen vom Norden und Westen folgt auch eine frostige Nacht. Zudem kann in der Nacht zum Freitag und am Freitag an den Alpen bis in die Niederungen Schnee fallen.
Doch die kurze Temperatur-Rutschpartie in das gewöhnliche Novemberniveau ist nicht nachhaltig. Das Azorenhoch kann sich vom Atlantik weiter nach Osten bis nach Westrussland ausdehnen. Da gleichzeitig tiefer Luftdruck von Neufundland bis nach Skandinavien dominiert, stellt sich ab Freitag zunehmend eine recht zonale westliche Strömung ein. Somit wird Deutschland wieder von milder Atlantikluft geflutet, welche die Temperatur auf Werte zwischen 6 und 13 Grad klettern lässt. Da mit der westlichen Strömung auch Randtiefs samt deren Ausläufer ostwärts wandern, ist bevorzugt in der Nordhälfte ein eher unbeständiger und teils windiger Wettercharakter Trumpf. Der Süden profitiert dagegen vom Azorenhochableger und kann bei teils frostigen Nächten freundliches Herbstwetter genießen.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.11.2020