Von griechischen Buchstaben und Tropischen Stürmen
Der Atlantik ist so aktiv wie selten. So aktiv, dass die diesjährige Namensliste der WMO für atlantische Hurrikans nicht ausreicht. Jetzt ist mit Hurrikan DELTA der nächste große Sturm unterwegs. Und er hält bereits einige neue Rekorde.
21 Namen umfasst die jährliche Namensliste der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) für atlantische Hurrikans. Mit Tropensturm WILFRED war diese Liste Mitte September bereits erschöpft – so früh wie noch nie. Doch was tun, wenn keine Namen mehr übrig sind für die Sturmsysteme, die danach auftreten? In diesem Fall, der bisher nur einmal im Jahr 2005 auftrat, werden dann fortlaufend die Buchstaben des griechischen Alphabets verwendet.
Inzwischen sind wir bei DELTA angekommen, dem vierten griechisch benannten tropischen Sturmsystem nach ALPHA, BETA und GAMMA, und dem 25. Sturm der Saison. Die Entwicklung von DELTA begann am 1. Oktober an einer tropischen Welle in der östlichen Karibik. Dort entwickelte sich der Sturm zunächst relativ schleppend und nach Westen verlagernd. Am 4. Oktober klassifizierte das nationale Hurrikanzentrum des US-Wetterdienstes das System als potenziellen tropischen Sturm Nr. 26. Die Zählung erscheint dabei abweichend, da sich nicht aus jedem potenziellen System ein tropischer Sturm entwickelt. Am 5. Oktober war das System soweit organisiert, dass es als tropischer Sturm eingestuft wurde und seinen Namen DELTA bekam. Zum Vergleich: Der Tropensturm DELTA aus dem Jahr 2005 trat erst Mitte November auf. Damit ist der jetzige Sturm der zeitigste 25. Tropensturm einer Saison seit Beginn der Aufzeichnungen. Gleiches wird dann voraussichtlich entsprechend für nachfolgende tropische Stürme in diesem Jahr gelten, vorausgesetzt, dass die Aktivität nach DELTA nicht zum Erliegen kommt.
Im Entstehungsgebiet von DELTA herrschten zu diesem Zeitpunkt sehr günstige Entwicklungsbedingungen in Form von sehr warmem Meereswasser mit Temperaturen um 30 Grad Celsius, sowie einer sehr scherungsarmen Umgebung, d.h. es gab keine Höhenwinde, die das System “zerreißen”. Explosionsartig entwickelte sich das System innerhalb weniger Stunden zu einem Hurrikan der Kategorie 4, die mittleren Windgeschwindigkeiten im Zentrum lagen also bei über 210 km/h. Insgesamt dauerte die Entwicklung nur rund 36 Stunden ausgehend vom tropischen Tief, womit der Hurrikan eine der am schnellsten je beobachteten Entwicklungen auf dem Atlantik durchlief.
Mittlerweile ist der Hurrikan über die Halbinsel Yucatan in Mexiko gezogen und hat sich währenddessen leicht abgeschwächt. Auf Yucatan selber wurden Windgeschwindigkeiten um 170 km/h gemessen. Aktuell befindet er sich jetzt wieder über offenem Meer im westlichen Golf von Mexiko. Er wird sich dort über warmem Wasser erneut verstärken und dann langsam nach Norden und Nordosten abdrehen und Richtung US-Küste ziehen. Der Landfall wird in der Nacht auf Samstag deutscher Zeit erwartet, wobei weite Küstenabschnitte vom östlichen Texas bis nach Alabama betroffen sein werden. Glücklich ist hierbei der Umstand, dass direkt an der Küste das Wasser bereits etwas kühler ist, so dass sich der Hurrikan bereits vor Landfall abschwächen wird. Das Auge von DELTA wird dabei wohl die Küste von Louisiana treffen, für die inzwischen eine Hurrikan- und Sturmflutwarnung des amerikanischen Wetterdienstes gilt. Damit wird der Staat bereits zum zweiten Mal in dieser Saison getroffen, nachdem dort bereits Hurrikan LAURA Ende August schwere Schäden anrichtete.
Die Abbildung zeigt Hurrikan DELTA am 7. Oktober bei Yucatan. Quelle der Abbildung: https://go.nasa.gov/3d8Ae7X
M.Sc. Met. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 08.10.2020