Warum Wasser von oben nach unten gefriert und Eisberge nicht untergehen
Das erste Adventswochenende zeigte sich vor allem in höheren Lagen von seiner winterlichen Seite: Während es in tiefen Lagen oft ungemütlich und nasskalt war, präsentierten Taunus, Schwarzwald, Thüringer Wald und viele weitere Erhebungen weiße Schneelandschaften – was Erwachsene zum Winterspaziergang animierte und Jüngere (oder Junggebliebene) zu Schneeballschlachten oder Schlittenfahren lockte. Schlittschuhlaufen auf zugefrorenen Seen dürfte jedoch hierzulande nicht auf dem Sportprogramm gestanden haben, braucht es dazu doch eine längere Frostperiode, um das Wasser eines Sees in ausreichender Dicke gefrieren zu lassen. Eine physikalische Besonderheit des Wassers sorgt dafür, dass das Wasser dabei von oben nach unten gefriert: Die sogenannte Anomalie des Wassers. Doch was ist daran so ungewöhnlich?
Normalerweise steigt die Dichte einer Flüssigkeit, wenn die Temperatur sinkt. Das tut sie zwar bei Wasser auch – aber nur bis zu einem Temperaturrückgang bis 4 Grad Celsius (siehe Grafik). Bei dieser Temperatur besitzt Wasser seine größte Dichte, ist also am schwersten. Kühlt man es weiter ab, wird es wieder leichter. Das kühlere Wasser schwimmt dann also auf dem vergleichsweise wärmeren Wasser, bevor es an der Oberfläche zu Eis gefriert.
Normalerweise ist eine Flüssigkeit also leichter als ihre erstarrte Form, Eis jedoch ist leichter als Wasser! Das ist auch der Grund dafür, warum kleine Eiswürfel im Sommer in der Limo schwimmen oder große Eisberge in den Meeren nicht untergehen.
Gäbe es die Anomalie des Wassers nicht, würde das kältere Wasser auf den Grund des Sees absinken und das Gewässer von unten nach oben (statt von oben nach unten) zufrieren. Da die vor weiterer Luftkälte schützende Eisschicht auf dem Wasser fehlen würde, könnten die Gewässer dann tatsächlich von unten nach oben vollständig zu Eis erstarren. Für die tierischen Seebewohner wäre das wohl ein Todesurteil…
Zurück zum Thema “Schlittschuhlaufen”, für das es noch eine weitere Eigenart des Wassers bedarf: Während sich normalerweise Flüssigkeiten unter Anwendung äußeren Drucks verfestigen, ist dies beim Wasser genau umgekehrt. Durch den Druck der Schlittschuhkufe verflüssigt sich das Eis, sodass der Eisläufer auf einer hauchdünnen Wasserschicht gleiten kann. Bei den Autofahrern ist dieser Effekt meist gefürchtet, denn das allgemein bekannte Aquaplaning sorgt auf Straßen für unerwünschte Pirouetten.
Die bevorstehende Milderung durch Tief CHRISTIAN (die am morgigen, turbulent stürmischen Dienstag Schnee in Regen übergehen lässt, siehe Thema des Tages vom 28.11.) ist zwar nur von kurzer Dauer. Aber auch mit der sich anschließend wieder durchsetzenden kälteren Luft dürfte es für zugefrorene Seen wohl noch nicht reichen. Aber Geduld ist eine Tugend und der Winter (der zumal aus meteorologischer Sicht erst übermorgen beginnt) noch lang 🙂
Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 29.11.2021
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