Was hat La Niña mit dem Westafrikanischen Monsun zu tun?
In den letzten Wochen und auch aktuell verzeichnen die etwas nördlich vom Äquator liegenden westafrikanischen, teils auch die zentralafrikanischen Staaten doch recht hohe Niederschlagssummen, teils als Tagessummen, teils auch als Starkregenereignisse. Jahreszeitbedingt wirkt in den westafrikanischen Regionen der Sommer-Monsun, der von der Ausprägung her neben anderen Faktoren auch im Zusammenhang steht mit der jeweiligen Phase der El Niño–Southern Oscillation (kurz ENSO).
Aus dem Geschäftsbereich Klima und Umwelt (KU) des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gab es dazu am 31. August 2022 folgende Meldung: In Teilen West- und Zentralafrikas sind nach UN-Angaben durch Überschwemmungen, ausgelöst durch saisonale starke Regenfälle seit Juni, 731 Tausend Menschen betroffen, über 35 Tausend Häuser zerstört und über 125 Tausend Menschen in 17 Ländern vertrieben worden. Nach Angaben des African Centre of Meteorological Application for Development (oder kurz ACMAD) fielen überdurchschnittliche Regenfälle, die auch teilweise von La Niña-Bedingungen beeinflusst waren. Von Überschwemmungen betroffene Länder sind: Republik Kongo, Tschad, Liberia, Nigeria, Niger, die Demokratische Republik Kongo, Gambia, Mauretanien, die Zentralafrikanische Republik, Guinea, die Elfenbeinküste, Senegal, Ghana, Kamerun, Mali und Burkina Faso.
In seiner bahnbrechenden Forschungsarbeit identifizierte Sir Gilbert Walker die interannuellen Schwankungen des Luftdrucks in Meeresspiegelhöhe (SLP) als ENSO-Zirkulation und zeigte deren möglichen Zusammenhang mit globalen Monsunsystemen auf. Über Indien und Westafrika kommt es während El Niño und La Niña vermehrt zu Dürren beziehungsweise zu Überschwemmungen. Mehrere Studien zeigen, dass es eine signifikante Korrelation zwischen ENSO und den Niederschlägen des indischen Sommermonsuns sowie den Niederschlägen in Westafrika gibt. Der Zusammenhang zwischen ENSO und der interannuellen Variabilität der Niederschläge im nördlichen Westafrika (Sahel-Zone) wurde anhand von Beobachtungsdaten und allgemeinen atmosphärischen Zirkulationsmodellen eingehend untersucht. ENSO erklärt nach aktuellen Studien knapp 25 % der gesamten interannuellen Varianz des westafrikanischen Monsunregenfalls.
Als wesentliche meteorologische Antriebe dabei gelten die jeweils unterschiedlichen Meeresoberflächentemperaturen bei einem Warmereignis (El Niño) im Bereich des äquatorialen Pazifiks im Gegensatz zu einem Kaltereignis (La Niña). Daraus resultieren Unterschiede bei der Verteilung des Luftdrucks in Meeresspiegelhöhe (SLP) und somit auch zonale Verschiebungen der Walker-Zirkulation, mit entsprechenden Auswirkungen auf die äquatoriale Niederschlagsverteilung. Die Walker-Zirkulation ist grob gesagt eine abgeschlossene Zirkulation über dem äquatorialen Pazifik. Dabei sinkt die Luft während La Niña über dem Ostpazifik ab, strömt hiernach bodennah westwärts (östliche Winde) bis zum Westpazifik, wird dort zum Aufsteigen gezwungen, um nah an der Tropopause ostwärts zurückzuströmen (Westwinde in der oberen Troposphäre).
Allerdings zeigt die Stärke des Zusammenhangs zwischen ENSO und den saisonalen Niederschlägen während des Monsuns eine gewisse Variabilität auf einer mehrdekadischen Zeitskala. Die Ursachen der Schwankungen auf dieser Zeitskala sind noch nicht hinreichend verstanden. Die zunehmende Dichte und Anzahl der Beobachtungsdaten sowie darauf basierende Modellstudien in den letzten Jahren geben jedoch vermehrt Aufschluss über diese doch sehr komplexen Zusammenhänge.
Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.09.2022
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