Weiße Weihnachten – eine Frage des Standortes

Zwar wird von internationalen Reisen derzeit abgeraten. Dennoch wollen wir uns im heutigen Thema des Tages nicht nur auf Deutschland beschränken, sondern einen Blick über die Landesgrenzen hinaus in die Welt werfen und der Frage nachgehen: Wo wird das Weihnachtsfest „weiß“ werden?

Der Definition nach spricht man beim Deutschen Wetterdienst von „weißen Weihnachten“, wenn am 24., 25. und 26. Dezember an einer Wetterstation jeweils mindestens ein Zentimeter Schnee gemessen wird. Dass wir dies in vielen Teilen Deutschlands auch in diesem Jahr nicht erreichen werden, konnte man bereits in den vergangenen Tagen abschätzen. Einzig in den deutschen Alpen findet man ab etwa 1000 bis 1500 Metern bereits jetzt schon eine mehr oder weniger mächtige Schneedecke. Ab 2000 Meter kommen schon auch mal Schneehöhen von einem Meter vor, was jedoch für die Jahreszeit gesehen vergleichsweise wenig ist.

Auch für einige höhere Mittelgebirgslagen könnte es am heutigen Heiligabend noch für weiße Weihnachten reichen. Denn im heutigen Tagesverlauf dreht die Strömung mehr und mehr auf nördliche Richtungen und führt arktische Polarluft zu uns. Dabei sinkt die Schneefallgrenze im Laufe der Nacht allmählich bis in tiefste Lagen ab. Da diese Luft allerdings auch sehr trocken ist, bleibt die Frage, wieviel Niederschlag dann überhaupt noch zu erwarten ist. Vor allem von Eifel und Hunsrück über das Rothaargebirge, die Wasserkuppe, den Harz, den Thüringer Wald bis zum Erzgebirge könnten noch wenige Zentimeter an Neuschnee zusammenkommen. Aber auch im Alpenvorland erwarten wir im Laufe der kommenden Nacht zum Freitag mehr als nur die eine oder andere Schneeflocke. Etwas mehr Neuschnee wird darüber hinaus im Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb sowie in den Alpen erwartet.

Am morgigen ersten Weihnachtsfeiertag gibt es dann hier und da einen kleinen Nachschub, große Mengen werden jedoch nicht erwartet. In einzelnen Schauern lassen sich vorübergehend in tiefen Lagen Schneeflocken sichten, diese sollten jedoch nicht allzu lange Bestand haben, sondern tauen schnell wieder ab. In den Alpen kann es dagegen längere Zeit schneien. Mit etwas Glück kommen dort über Weihnachten sogar um 30 Zentimeter zusammen.

In vielen Regionen Deutschlands fällt das Weihnachtsfest also wieder grau-grün aus. Aber wie sieht es denn in anderen Ländern der Welt aus? Wo gibt es denn die jedes Jahr aufs Neue herbeigesehnten weißen Weihnachten?

Dafür muss man gar nicht so weit weg. Denn in diesem Winter gab es bereits beträchtliche Mengen an Neuschnee auf der Alpensüdseite. Besonders im Tiroler Land in Österreich finden sich aktuell teilweise noch Schneehöhen von über 3 Metern. Und über die Feiertage ist weiterer Neuschnee in Sicht.

Nicht verwunderlich ist die weiße Weihnacht auch in Norwegen sowie in Teilen Schwedens und Finnlands. Je nach Region kommen dort ebenfalls beträchtliche Schneemengen zusammen, die sicherlich zur Abkühlung nach dem an Heiligabend obligatorischen Saunagang beitragen werden.

Rechtzeitig zum Weihnachtsfest ziehen Schneefälle in den USA auf, genauer gesagt in den „Plains“ und im Mittleren Westen. Allerdings ist die Stimmung dort gerade alles andere als gemütlich weihnachtlich: der amerikanische Wetterdienst warnt bereits seit gestern vor einem Blizzard, also einem starken Schneesturm. Schon in der vergangenen Woche versanken die nordöstlichen Bundesstaaten im Schnee. In Broome County beispielsweise – etwa zwischen New York und dem Ontariosee – kamen dabei in der Spitze sogar über 100 Zentimeter an Schnee in weniger als 24 Stunden vom Himmel. Dort gibt es also viel Potenzial für weiße Weihnachten.

Im Bundesstaat Florida hingegen „warnt“ der nationale Wetterdienst hingegen vor einem anderen „(Wetter)Phänomen“. Aufgrund ungewöhnlich kalter Luft über die Weihnachtsfeiertage besteht die Gefahr, dass Leguane von den Bäumen fallen. Kein Scherz! Bei Temperaturen um bzw. unter 4 Grad Celsius fallen die wechselwarmen Leguane in eine Art Kältestarre und können sich nicht mehr in den Bäumen, wo sie sich gerne aufhalten, festhalten und fallen buchstäblich „vom Himmel“.

Auf der anderen Seite des Pazifiks in Japan werden „unsere“ Schneemengen in Deutschland allenfalls müde belächelt. Im sogenannten „Yukiguni“, was übersetzt so viel wie „Schneeland“ bedeutet und im Norden der größten japanischen Insel Honshu liegt, fallen in Staulagen über 3700 Zentimeter an Neuschnee pro Jahr! Der Grund: kalte sibirische Luftmassen, die über dem verhältnismäßig warmen Japanischen Meer viel Feuchtigkeit aufnehmen können, treffen auf eine über 3000 Meter hohe Gebirgskette: die japanischen Alpen. Die Schneehöhe kann dort allerdings nicht gemessen werden. Denn wenngleich die schneereichste Region der Erde nach Schneehaubenidylle und einem heftigen Muskelkater für Frau Holle klingt, ist diese Gegend schlichtweg unbewohnbar. Die Station mit den höchsten Schneefallmengen nach dem japanischen Wetterdienst (JMA) steht auf nur 890 Meter im Erholungs- und Badeort Sukayu Onsen im Norden von Honshu. Dort werden pro Jahr 1764 Zentimeter an Neuschnee registriert. Zurzeit zeigen sich dort laut den japanischen Kollegen allerdings „nur“ 189 Zentimeter. Tendenz über die Feiertage: steigend!

Auf der Südhalbkugel herrscht zurzeit hingegen Sommer! In Montevideo (Uruguay) beispielsweise trägt man am heutigen Heiligabend zum Barbecue bei Höchstwerten von etwa 30 Grad wahrscheinlich eher luftige Sommerbekleidung. In Perth, im Westen Australiens findet Weihnachten sogar bei schweißtreibenden Temperaturen von 40 Grad Celsius statt. Häufig verlegt man dort das Fest dann kurzerhand an den Strand oder Pool. Ironischerweise wird trotzdem hin und wieder ein Weihnachtslied à la „White Christmas“ angestimmt, wobei damit wohl eher die weißen Sandstrände gemeint sein dürften. Damit „Santa Claus“ in seiner dicken, roten Jacke dabei nicht eingeht, sind dort auch Bade- oder Surfshorts salonfähig, der Schlitten samt Rentiere werden des Öfteren auch gegen Wasserskier oder Surfbretter eingetauscht.

Und mit dieser kleinen Weltreise wünschen wir, die Meteorologinnen und Meteorologen aus der Vorhersage- und Beratungszentrale des Deutschen Wetterdienstes, Ihnen, den treuen Leserinnen und Lesern des Thema des Tages, ein ruhiges und gesegnetes Weihnachtsfest. Bleiben Sie gesund!

MSc.-Met. Sebastian Schappert

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.12.2020

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