Wie wird der Winter?
Wenn am morgigen Dienstag die erste Tür des Adventskalenders geöffnet werden darf, sind es nur noch 23 Tage bis Weihnachten (schon alle Geschenke besorgt?). Für die Meteorologen beginnt allerdings auch der Winter, während der astronomische Winteranfang erst am 21.12.2021 um 16:59 Uhr ist. Stellt sich also die Frage, wie das Wetter in diesem Winter wird? Glaubt man den Medien, fällt der Winter entweder komplett aus oder aber es gibt massive Kälte mit viel Schnee (“Arctic Outbreak”).
Und was denken die Wissenschaftler? Diese nutzen Computermodelle für Langfristvorhersagen. Dabei werden andere Ansätze verfolgt als in den Modellen für die kurz- und mittelfristigen Wettervorhersagen der nächsten maximal 10 bis 14 Tage. So spielen etwa Temperaturanomalien großer Meeresflächen eine größere Rolle. In einem Zeitraum von bis zu 14 Tagen haben diese Anomalien nur geringe Auswirkungen, in einem längeren Zeitraum von beispielsweise 3 Monaten dagegen schon. Deshalb werden neben dem Atmosphärenmodell auch die Prozesse im Ozean berechnet.
Der Deutsche Wetterdienst stellt dann in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg und dem Max Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) im Rahmen des Deutschen Klimavorhersagesystems bzw. des German Climate Forecast System (GCFS) eine auf Computerberechnungen gestützte Jahreszeitenvorhersage bereit. Diese finden Sie z.B. unter, dort können Sie auch weitere Informationen zum Thema abrufen. Auf der erscheinenden Internetseite werden die für Deutschland vorhergesagten Abweichungen der Temperatur für vier verschiedene dreimonatige Zeiträume als Grafiken abgebildet, jeweils im Vergleich zum Mittel der Jahre 1991-2020. Aktuell sind in der oberen rechten Grafik die Abweichungen für die Wintermonate Dezember, Januar und Februar dargestellt. Tatsächlich wird für diesen Zeitraum ein etwas zu milder Winter angenommen, da es in der Grafik häufig rosa- oder ockerfarbene Punkte über Deutschland gibt. Diese zeigen eine positive Abweichung der Temperatur von 0,2 bis 0,5 bzw. von 0,5 bis 1 Grad an (Stand: 07.11.2021).
Beim Modell des europäischen Wetterdienstes EZMW (Europäisches Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage) in Reading (Großbritannien). Diese sagt mit Stand 01.11.2021 für die Mitte und den Süden für DJF (Dezember, Januar und Februar) eine positive Abweichung von 0,5 bis 1 Grad vorher. Im Norden ist allerdings kein Signal vorhanden, womit die Temperatur dort genau im Mittel der Jahre 1993 bis 2016 bleiben soll. Diese Vorhersage ähnelt der Vorhersage des deutschen Modells.
Und auch das Langfristmodell CVFv2 (Coupled forecast system model version 2) des amerikanischen Wetterdienstes NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) schlägt die gleichen Töne an. Für Deutschland wird mit der neuesten Vorhersage eine positive Abweichung von 0,5 bis 1 Grad zum klimatologischen Mittelwert der Jahre 1990-2020 erwartet.
Bleibt für die Winterfans zu hoffen, dass sich die Prognosen nicht bewahrheiten oder es zumindest phasenweise winterlich wird. Eine Hoffnung könnte sein, dass sich bei Evaluierungen von Jahreszeitenvorhersagen in der Vergangenheit zeigte, dass diese über Europa bisher kaum zuverlässige Ergebnisse liefern. Hintergrund dafür ist, dass die für die Langfristvorhersagen komplexen Prozesse und Wechselwirkungen durch die Modelle vor allem in den gemäßigten Breiten noch nicht vollumfänglich erfasst werden können. Immerhin gibt es in diesem Winter über Deutschland einige große Punkte (siehe Grafik), weshalb die Vorhersagegüte besser als das beobachtete Klimamittel ist. Über Europa allerdings sind die großen Punkt deutlich in der Minderheit (siehe erster Link, dort Region auf Europa ändern), was in diesem Bereich eine geringe Vorhersagequalität offenbart. Im tropischen Pazifik beispielsweise funktioniert es allgemein besser. Das ambitionierte Ziel der Forscher ist es deshalb, die Jahreszeitenvorhersage weiter zu verbessern, sodass es eines Tages vielleicht tatsächlich heißen könnte: “Wir erwarten mit hoher Wahrscheinlichkeit einen kalten Winter”. Bis dahin müssen wir uns weiterhin überraschen lassen oder uns mit den hier vorgestellten Trends begnügen.
Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 30.11.2021
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